Die erste Mitgliederversammlung in diesem Jahr startete am 10. April 2021 um 9.00 Uhr, erneut in virtueller Form und mit verbesserter Technik. Mit viel Übung seit dem einschneidenden Lock-Down im vergangenen Jahr tat das ihrem Erfolg jedoch keinen Abbruch, auch wenn sie ein persönliches Treffen natürlich nicht ersetzen konnte.
Im Vorfeld hatten sich 76 Mitglieder und 13 Nichtmitglieder zu der Veranstaltung angemeldet. Während der virtuellen Tagung waren in der Spitze schließlich 67 Mitglieder anwesend, die von den Schirmherren Anke und Professor Roland Koch pünktlich aus ihrem heimischen Wohnzimmer mit einem motivierenden Grußwort empfangen wurden. Gut vorbereitet führten anschließend Helmut Hehn und Sandra Hoffmann durch die Mitgliederversammlung, gaben einen Überblick über das Vereinsgeschehen und stellten neben der Entlastung des Vorstandes und Jahreswirtschaftsplans unter anderem einige Satzungsänderungen und eine Änderung der Ehrenordnung zur Abstimmung, welche von den Mitgliedern allesamt befürwortet wurden.
Für die technische Unterstützung waren indessen Lou-Tizia Reiman, Siham El Barouag und Andrea Holstein im Hintergrund anwesend. Natürlich fand alles unter coronakonformen Bedingungen statt, alle Anwesenden waren negativ getestet und die Abstandsregeln wurden eingehalten.
Auf eine kurzweilige und interaktive Mitgliederversammlung folgten wissenschaftliche und medizinische Vorträge. Den Anfang machte Univ.-Professorin Dr. Kathrin Thedieck von der Universität Innsbruck mit ihrem Vortrag „Den Ball ins Rollen bringen! – Neues aus Wissenschaft und Forschung“. Ihr Team forscht europaweit an den Auswirkungen von Veränderungen des mTor-Proteins im Zusammenhang mit TSC und befasst sich mit der Frage, ob Stoffwechselveränderungen z. B. durch eine spezielle Ernährung einen Einfluss auf bestimmte Symptome des TSC-Krankheitsbildes haben könnten.
Es folgte ein Vortrag zur Pränataldiagnostik und ihrer Rolle bei TSC. Referent war Professor Dr. Rabih Chaoui aus der Berliner Praxis für Pränataldiagnostik Friedrichstraße 147. Dr. Chaoui war auf Einladung von Dr. Christoph Hertzberg zum ersten Mal bei einer Veranstaltung des Vereins zugegen. Mit seinem Vortrag gab er einen sehr eindrucksvollen Überblick über die heutigen Möglichkeiten der Ultraschall-Untersuchung während der Schwangerschaft. Im Rahmen seiner langjährigen Praxis konnte er einzigartige Bilder verschiedener Stadien von Rabdomyomen am Herzen sowie von Hirntumoren bei Feten zeigen. Die heute nachgeburtlich zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten halten für betroffene Familien, die die Diagnose TSC bereits in der Schwangerschaft erhalten, frühe und zum Teil präventive Therapieoptionen bereit, in Fällen einer schweren Herzbeteiligung, die bei der Geburt zu Komplikationen führen könnte, kann ggf. sogar schon vorgeburtlich eine Therapie mit mTOR-Inhibitoren über die Mutter in Betracht gezogen werden.
Daran knüpfte der Vortrag von Dr. Steffen Syrbe von der Uniklinik Heidelberg an. Sein Thema: „TSC-typische Veränderungen des Gehirns im frühen Kindesalter – welche Bedeutung haben sie für die Entwicklung“. Dr. Syrbe präsentierte im Rahmen dessen die Ergebnisse aus einer multinationalen Studie zum Einfluss einer frühen Behandlung von Epilepsien bei TS und deren Auswirkungen auf die spätere Entwicklung, auch in Bezug auf Autismus und die Intelligenz. In dieser konnte eine Abhängigkeit zwischen im ersten Lebenshalbjahr auftretenden Epilepsiezeichen und einem verminderten Intelligenzquotienten eines Kindes in seiner späteren Entwicklung beobachtet werden. Verhaltensauffälligkeiten oder eine eingeschränkte geistige Entwicklung im ersten Lebensjahr scheinen wiederum ein Ausgangspunkt für das Auftreten einer Autismus-Spektrum-Störung zu sein, die bei Kindern mit späterer geistiger Einschränkung eher nicht festgestellt werden konnte. Über die Studie konnte jedoch auch gezeigt werden, dass die Ursache für Entwicklungsstörungen nicht ausschließlich auf die Epilepsie zurückzuführen ist, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine genetische Komponente hat.
Eine möglichst frühe Therapie mit Vigabatrin, noch vor dem Auftreten von Anfällen und EEG-Veränderungen, scheint zur Verhinderung schwerer Epilepsien an dieser Stelle derzeit am vielversprechendsten, der frühe Einsatz von mTOR-Inhibitoren könnte ggf. einen positiven Einfluss auf die geistige Entwicklung haben. Weitere Erkenntnisse hierzu hoffen Dr. Syrbe und sein Team über aktuell laufende Studien zu gewinnen.
Den Abschluss machte schließlich Professor Dr. Christina Has zusammen mit ihrer Doktorandin Ece Yazgan von der Uniklinik Freiburg. Frau Has gab in ihrem Vortrag „Hautsache – TSC-typische Veränderungen und Behandlungsoptionen“ zunächst einen Überblick zu den TSC-typischen Hautveränderungen in unterschiedlichen Lebensphasen. Anschaulich stellten sie und Frau Yazgan auch die Veränderungen unter Einsatz der Rapamycin-Salbe dar, die aus ihrer Sicht die aussichtsreichste Behandlungsoption bei Angiofibromen der Haut ist, vor allem wenn die Patienten noch jünger sind. Eine Laserbehandlung wäre im Gegensatz hierzu schmerzhaft und nicht von dauerhaftem Erfolg, da die Angiofibrome wieder nachwachsen würden.
Damit konnte wieder ein toller Querschnitt der Forschungs- und Behandlungsansätze bei TSC gezeigt werden. Den hochmotivierten Medizinern und Wissenschaftlern, die im Anschluss an ihre Vorträge viele weitere Fragen aus dem Chat beantworteten, sowie dem Team der Geschäftsstelle danken wir ganz herzlich.